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«Wir Dachdecker werden zu Akteuren der Energiewende»

«Wir Dachdecker werden zu Akteuren der Energiewende»

Paul Bovier, Mitglied des Zentralvorstands, engagiert sich als Unternehmer und Energieberater und hat bereits eine Nachfolgeregelung gefunden.

Energiezukunft

Text und Interview: Michael Staub | Fotos: Michael Staub

Paul Bovier engagiert sich auf vielfältige Weise für unseren Beruf: als Unternehmer, Arbeitgebervertreter und Mitglied des Zentralvorstands von Gebäudehülle Schweiz. Neben dem Handwerk liegt ihm die energetische Modernisierung besonders am Herzen. Auch deshalb hat er die Weiterbildung zum Energieberater abgeschlossen.

»Was ist Ihr beruflicher Hintergrund?

1984 habe ich mit der Lehre als Sanitär und Spengler begonnen. Vier Jahre später trat ich in den Betrieb meines Vaters ein, und 1996 schloss ich als Spenglermeister ab. Der Vollständigkeit halber hängte ich danach noch die verkürzte Lehre als Dachdecker an. Ich war der Älteste in meiner Klasse, doch das hat mich überhaupt nicht gestört. Die Leidenschaft für den Beruf verbindet uns, das Alter ist da kein Hinderungsgrund.

»Nach dieser intensiven handwerklichen Ausbildung wollten Sie auch noch Energieberater werden. Welche Gründe bewogen Sie dazu?

Zu diesem Zeitpunkt leitete ich bereits unser Familienunternehmen und spürte den Bedarf bei den Kunden. Das Energiegesetz hatte sich verändert, ich war nicht mehr auf dem aktuellen Stand, um die Leute richtig zu beraten und die Fördergelder zu beantragen. Deshalb wollte ich diese Lücke schliessen und einen Rundumservice anbieten können. Mit der Ausbildung zum Energieberater ist mir das gelungen.

»Wie oft greifen Sie auf dieses Wissen zurück?

Jeden Tag. Eine energetische Modernisierung umfasst sehr viele administrative Schritte. Da sind die Kunden ein bisschen verloren. Sie brauchen jemanden, der sie versteht und sie bei diesem Projekt richtig berät. Deshalb legen wir sehr viel Gewicht auf die Energieberatung und koordinieren die offenen Fragen mit den anderen Gewerken und Berufen. So hat der Kunde einen einzigen Ansprechpartner, was sein Leben einfacher macht. Der Vorteil für uns liegt darin, dass wir von Anfang an im Boot sind. Wir machen die Beratung, und meistens vertraut uns der Kunde dann auch die Ausführung an.

»Was gefällt Ihnen bei diesen Beratungen am meisten?

Ich habe viel Kontakt mit Architekten und Privatpersonen, und wir machen die Dinge von A bis Z. Das ist das, was ich spannend finde. Zuerst beraten wir, dann setzen wir um, und das Ergebnis gefällt. Das ist sehr wertschätzend. Mir gefällt es, Menschen beraten zu können. Und die Möglichkeiten, die Gebäudehülle zu modernisieren, sind grossartig.

»Welche Rolle spielt für Ihren Betrieb die Photovoltaik?

Wir machen in diesem Bereich viele Projekte, aber immer nur im Kontext einer Modernisierung. Zudem arbeiten wir nur mit Indach-Modulen.

»Was ist der Grund dafür?

Ich verkaufe mein Handwerk von A bis Z. Während meiner Lehrzeit ging es nur darum, das Gebäude vor Wasser zu schützen. Ab den 1990er-Jahren kam die Dämmung gegen Hitze und Kälte dazu und etwas später die Photovoltaik. Das Handwerk wurde damit immer vielfältiger. Das finde ich das Fantastische an unserem Beruf: Die Leute rufen uns nicht an, damit wir «nur» das Dach decken. Wir sorgen auch für eine gute Dämmung und bringen ihnen damit mehr Komfort und Energieeinsparungen. Und mit der Photovoltaik verwandeln wir ihre Dächer nun auch noch in Kraftwerke. Ich finde das grossartig. Wir Gebäudehüllen-Profis haben grosses Glück. Wir wachsen gemeinsam mit der Gesellschaft, die sich bezüglich Umwelt und Energie weiterentwickelt hat. Wir werden wirklich zu Akteuren der Energiewende.

»Wie offen sind Ihre Kunden für energetische Modernisierungen und Photovoltaik?

Wir sagen ihnen ganz offen, dass sie ihr Gebäude unbedingt dämmen müssen. Sonst wollen wir den Auftrag nicht. Eine Dämmung ist nicht so glamourös wie ein Solarpanel, aber sie ist extrem effizient. Es ist Energie, die wir weniger verbrauchen. Zudem machen wir immer zwei oder gar drei Offerten. So können die Interessenten vergleichen zwischen einem gut gedämmten Haus und einem gut gedämmten Haus, das zusätzlich Solarenergie produziert. Und genau so können wir den Kundinnen und Kunden erklären, warum der Königsweg e+ der richtige Weg ist. Zuerst die Gebäudehülle, erst dann die Heizung – aber nur so gross wie nötig. Das funktioniert ziemlich gut. Es sei denn, der Kunde hat die Heizung bereits ersetzt und kommt erst dann zu mir.

»Wie schnell können Sie Ihre Projekte jeweils realisieren?

Wir Handwerker wären schnell. Aber was mich wirklich frustriert, ist die langsame Arbeit der Verwaltung. Es dauert einfach viel zu lange, bis man alle Genehmigungen erhält. Bei einer relativ einfachen Dachmodernisierung warten wir bis zu eineinhalb Jahre auf die Bewilligung – das ist doch einfach nicht normal. Wir setzen uns als Berufsleute, als Branche und auch mit unseren Verbänden für die Energiewende ein, wir wollen den Menschen helfen, ihre Gebäude richtig und zügig zu modernisieren. Aber die Verwaltung steht viel zu sehr auf der Bremse. Manchmal fragen uns die kantonalen Fachstellen, wo denn die Probleme liegen. Da sage ich manchmal ganz direkt: «Sie selber sind das Problem.»

»Energetische Modernisierungen sind das Gebot der Stunde. Doch welche Projekte lassen Ihr Dachdecker-Herz höher schlagen, weil sie etwas spezieller sind?

Der Kanton Wallis wie auch die Stadt Sion haben uns schon mehrfach mit der Renovierung historischer Dächer beauftragt. Seit 2000 und bis heute dürfen wir zum Beispiel Arbeiten im Schloss Valère ausführen. Da sprechen wir ausnahmsweise nicht von Dämmung (lacht). Das sind unglaublich schöne Naturschieferdächer. Unsere Mitarbeitenden schätzen diese Abwechslung natürlich sehr. Sie dämmen nicht nur Bestandsgebäude, sondern können auch beim Modernisieren eines Baudenkmals mithelfen. Das macht die Arbeit sehr abwechslungsreich.

»Sie führen das Familienunternehmen in der zweiten Generation. Wie sieht die Zukunftsplanung für die Firma und für Sie persönlich aus?

Ich bin jetzt 56 und werde mich in fünf bis sechs Jahren nahezu komplett zurückziehen. Das Pensum habe ich bereits etwas reduziert, weil ich mich in verschiedenen Berufsverbänden und Gremien stark engagiere. Neben meiner Tätigkeit als Mitglied des Zentralvorstands für Gebäudehülle Schweiz bin ich auch Vizepräsident von Tech-Bat und Vorstand im Bureau des métiers, dem Walliser Arbeitgeberverband. Daneben bin ich Vorsitzender des Verbandes zur Verstärkung der Baustellenkontrollen (VVBK). Dort kämpfen wir gegen Schwarzarbeit, Lohndumping und unlauteren Wettbewerb. All diese Engagements nehmen natürlich viel Zeit in Anspruch.

»Haben Sie bereits eine Nachfolgeregelung gefunden?

Ja, mein Neffe, Simon Dayer, ist als mein Nachfolger gesetzt. Er ist Spenglermeister, hat auch die Dachdeckerausbildung abgeschlossen und übernimmt gemeinsam mit mir seit Längerem die Betriebsführung. Wenn ich aufhöre, wird er übernehmen.

Paul Bovier liebt es, seine Kundinnen und Kunden ganzheitlich zu beraten.
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