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Energieberater: «Unser Beruf ist für mich der schönste überhaupt»

Energieberater: «Unser Beruf ist für mich der schönste überhaupt»

Markus Schnider gehörte zu den Solarpionieren. 25 Jahre und 270 Photovoltaik-Anlagen später übergibt der Dachdeckermeister das Unternehmen seinem Nachfolger.

Energiezukunft

Text und Interview: Michael Staub | Fotos: Michael Staub

In einem Interview gibt Markus Schnider Einblicke in seinen Arbeitsalltag, warum er jetzt bereits alles organisiert hat, um das Unternehmen 2026 in jüngere Hände zu legen, wie der ganze Übergangs- und Abnabelungsprozess funktioniert und was er sich für die Zukunft wünscht.

Steigende Nachfrage nach ­Photovoltaik
Genügend Arbeit hatten wir, seit ich denken kann. Aber derzeit beträgt unser Arbeitsvorrat nicht «nur» sechs Monate, sondern ein ganzes Jahr. Die Kunden rennen uns regelrecht die Bude ein, Photovoltaik-Anlagen werden sehr stark nachgefragt. Dafür gibt es viele Gründe: die Energiestrategie 2050, die Fördergelder, sicherlich auch der Ukraine-Krieg, der das Bewusstsein für erneuerbare Energieträger geschärft hat.

Lokale Zusammenarbeit und ­Vertrauen
Wir erledigen 95 Prozent unserer Arbeit in der Region, im Knonauer Amt. Zwischen Zürich und Zug gelegen, ist dies ein sehr attraktiver Wirtschaftsraum mit einer Bevölkerung von ungefähr 50 000 Menschen. Hier kennt man sich noch und weiss, mit welchen Unternehmen man gut zusammenarbeiten kann. Das ist auch ein Grund, weshalb wir uns bis heute aufs Dachdecken konzentrieren. Ich möchte nicht auch noch für Gerüstbauer, Spengler oder Elektroinstallateure schauen müssen. Diese Profis holen wir von extern. In der Firma sind wir zu acht. Es ist ein Geben und ein Nehmen. Wenn es ein Unwetter gibt, arbeiten die Mitarbeitenden auch mal abends länger. Dafür mache ich kein Büro auf, wenn jemand einen Ferientag zu viel bezogen hat. Wir schauen zueinander, auf beiden Seiten, so klappt es.

Mit dem Blick auf das Ganze
Die meisten unserer Kunden wollen zunächst «nur» eine Photovoltaik-Anlage. Das machen wir aber nicht, wir schauen immer das ganze Gebäude an. Denn das Haus erzählt uns, was es braucht. Meistens offerieren wir dann neben der Photovoltaik auch gleich eine Dachmodernisierung. Sommerlicher Wärmeschutz, eigener Strom, ein behaglicheres Innenraumklima, das überzeugt die Leute. Bis jetzt haben wir ungefähr 270 Photovoltaik-Projekte realisiert. Das bringt Erfahrung und auch ein bisschen Geduld. So empfehlen wir den Kundinnen und Kunden, die neue Anlage zuerst mal ein Jahr laufen zu lassen, bevor sie einen Batteriespeicher kaufen. Ebenso raten wir dazu, nach der Gebäudehüllen-Modernisierung die alte Heizung noch eine Saison in Betrieb zu halten. Danach sieht man anhand des Verbrauchs genau, welche Leistung noch nötig ist. Diese ganze Kommunikation mache ich weder mit Grafiken noch mit langen Präsentationen. Wichtig sind die Emotionen, und die bringt man mit einer einfachen Sprache und einfachen Beispielen rüber. Wenn zum Beispiel jemand meint, die Dämmung reiche noch, sage ich ganz einfach: Wenn du im Winter rausgehst, ziehst du eine Jacke an. Und jetzt braucht dein Haus halt auch eine Jacke.

Solarenergie nach Mass: Die Indach-Anlage überzeugt durch passgenaue Dimensionierung und den sauberen Anschluss zum übrigen Dach.

Hand- und Kopfarbeit sind im ­Dachdeckerberuf vereint
Wenn man arbeitet, geht die Zeit schnell vorbei. Ich war jetzt 30 Jahre lang für die Firma verantwortlich, die 1961 von meinem Vater gegründet wurde. Es gab Höhen und Tiefen, aber ich musste nie jemanden entlassen. Was mich hingegen schmerzt, ist das Lehrstellenthema. Seit sechs Jahren konnten wir keinen Lehrvertrag mehr unterzeichnen. Dabei ist unser Beruf für mich der schönste. Diese Kombination von Hand- und Kopfarbeit ist einmalig, und abends siehst du, was du gemacht hast. Das müssten wir den Jugendlichen häufiger erzählen – und auch ihren Eltern, wenn sie ihnen vom Handwerk abraten. Wir haben immer noch Überhosen und schmutzige Hände. Aber heute sagen wir den Kunden, wann wir Zeit haben und vorbeikommen können. Das hat sich geändert. Ab diesem Sommer haben wir glücklicherweise wieder Lernende am Start.

Ein Generationenwechsel steht an
Ich bin jetzt 61 und bereite seit einigen Jahren die Übergabe der Firma vor. Mein Nachfolger Sascha Kaiser hat bei uns die Lehre gemacht. Wir kennen uns schon seit 15 Jahren. So eine Nachfolgeregelung ist nicht immer einfach. Auf einmal sagt der 30-Jährige dem 60-Jährigen, wie es läuft. Das ist ein Prozess, da muss man durch. Aber wir haben das bereits hinter uns. Ich habe immer mehr meiner Aufgaben abgegeben. So mache ich heute weder Personalplanung noch Projektleitung und auch nicht mehr viel Akquise. Ein Drittel unserer Aufträge holt Sascha rein, er wickelt diese Projekte auch selbstständig ab, ich sehe nicht einmal die Kunden. Stark involviert bin ich aber immer noch bei der Kalkulation und Nachkalkulation. Ich muss nicht jeden Tag auf der Baustelle stehen und kontrollieren, aber die Zahlen, die will ich sehen.

Markus Schnider (links) übergibt das Geschäft an seinen Nachfolger Sascha Kaiser.

Balance zwischen Arbeit und Freizeit
Seit einigen Jahren arbeite ich am Samstag nicht mehr. Ich habe eine Fünftagewoche, komme aber mit elf Stunden pro Tag immer noch auf ein happiges Pensum. Erholen kann ich mich beim Skifahren. Zusammen mit Kollegen durch den Tiefschnee – da geht mir das Herz auf. Das baue ich jetzt immer ein bisschen mehr aus: mehr Tage im Schnee, ein paar Tage weniger in der Firma. Das klappt ganz gut. In drei Jahren möchte ich dann ganz aufhören. Falls mich Sascha braucht, stehe ich gerne als Berater im Stundenlohn bereit. Aber die Firma, die gehört dann ihm.

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