
Energieberater: «Ich bin einglücklicher Dachdecker»
Christian Jost ist Dachdecker und Energieberater im Familienbetrieb. Er übernimmt von seinem Vater den Dachdeckerbetrieb und freut sich auf die Herausforderungen.
Energiezukunft
Text und Interview: Michael Staub | Fotos: Michael Staub
Christian «Chrigu» Jost hat nicht eine, sondern gleich drei Lehren abgeschlossen. Dadurch kennt er das Dach von der Abdichtung bis zur Photovoltaik-Anlage. In diesem Jahr übernimmt er das Familienunternehmen von seinem Vater, Dachdeckermeister Thomas Jost. Erfahren Sie hier von Chrigu Jost persönlich, was ihn und das Unternehmen «Jost Bedachungen Dächer + Fassaden» auszeichnet.
«Mechen» als Basis
«Ich bin in einer Dachdeckerfamilie aufgewachsen. Mein Urgrossvater Christian Jost hat die heutige Firma Jost Bedachungen gegründet. Mein Grossvater Peter Jost und mein Vater Thomas Jost haben sie weitergeführt. Letztes Jahr wurde die Firma 100 Jahre alt, und dieses Jahr werde ich die Geschäftsführung übernehmen. Das war aber nicht von Anfang an klar. Die Firma war immer präsent, beim Mittagessen hat man so einiges mitbekommen. Doch erst als ich etwa 13 Jahre alt war und beim Zukunftstag zum Vater schnuppern ging, habe ich realisiert: Dachdecker sind ‹schaffig›, sie machen etwas, das man anschauen kann. Das hat mich fasziniert, und zugleich wusste ich: Das Dachdecken reisst dir nicht aus, wenn es sein muss, kannst du das immer noch machen. Als Teenager hatte ich viel Freude an meinem Töffli, darum habe ich zuerst eine Lehre als Motorradmechaniker abgeschlossen.

Dreifach qualifiziert
Aber das Dach hat mich nicht losgelassen. Ich habe die Zweitlehre als Dachdecker gemacht und nach dem Abschluss noch den Abdichter EFZ angehängt, dafür brauchte ich nur noch ein Jahr. Die drei Lehrabschlüsse bringen mir alle etwas, jeder auf seine eigene Art. Bis heute liebe ich die Arbeit auf dem Flachdach, aber auch die ganze Planung, AVOR und Umsetzung beim Steildach. Und das Motorrad-Wissen kommt mir sehr oft zugute, etwa bei der Planung von Photovoltaik-Anlagen, wenn es auch wieder um Gleichstrom und Wechselstrom geht, oder wenn ich eine defekte Motorsäge gleich selber reparieren kann. Alles, was ich mal gelernt habe, nützt mir irgendwann.
Stufe um Stufe zum Gebäudehüllen-Profi
Darum habe ich beim Bildungszentrum Polybau auch zahlreiche Fortbildungen gemacht: Gruppenleiter, Objektleiter, Bauführer Gebäudehülle und neu auch noch Energieberater. Im Alltag profitiere ich sehr von diesem Wissen. Es ist einfach etwas anderes, wenn man das Dach und die Gebäudehülle von Grund auf kennt. Ich kann unsere Kundinnen und Kunden umfassend und ehrlich beraten. Oft erhalten wir den Zuschlag, obwohl unsere Offerte nicht die günstigste ist. Denn wenn ich jemandem erklären kann, dass seine neue Photovoltaik-Anlage schon nach acht Jahren amortisiert ist und er danach Geld spart oder sogar Geld damit verdient, überzeugt das. Wir lehnen gewisse Aufträge auch ab. Eine neue Solaranlage auf ein altes und undichtes Dach, so etwas machen wir nicht. Aber ich nehme mir genügend Zeit, um den Kunden die Zusammenhänge zu erklären, und oft ergibt sich dann ein modulares Projekt. Es ist ja klar, dass nicht alle unbeschränkte Budgets haben.
Generationenwechsel
In diesem Jahr übernehme ich die Geschäftsführung von meinem Vater. Wir arbeiten nun schon einige Jahre sehr eng zusammen, unterstützen uns und machen die gegenseitige Stellvertretung. Ich bin sehr froh über sein grosses Vertrauen. Ich weiss, dass ich machen darf, und habe erst noch das perfekte Back-up, falls ich einmal weg bin oder in die Ferien möchte. Es wird mir schwerfallen, wenn er in ein bis zwei Jahren nicht mehr im Tagesgeschäft mitarbeitet. Bis dann möchte ich einen neuen Mitarbeiter eingearbeitet haben, der mich auf der Baustelle vertritt. Derzeit bin ich sehr viel auf der Baustelle und packe auch gerne als ‹Mädchen für alles› an. Aber irgendwann, das ist klar, werde ich mich viel mehr auf die Planung, Vorbereitung und die ganze Administration konzentrieren müssen.»

«Ich weiss, dass ich machen darf und habe dank meinem Vater erst noch das perfekte Backup, falls ich einmal weg bin oder in die Ferien möchte.»
Christian Jost