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Bauen in Kreisläufen ist die Zukunft

Bauen in Kreisläufen ist die Zukunft

Die globale Industrialisierung führt zu Abfallbergen. Um nachhaltig zu sein, braucht es eine Rückkehr zum Kreislaufprinzip.

Energiezukunft

Text: Silvia Gemperle | Foto: shutterstock.com

Die Industrialisierung hat uns wirtschaftliches Wachstum, einen steigenden Wohlstand und Konsumgüter im Überfluss beschert. Dieser Weg wird als lineares Wirtschaftssystem bezeichnet und ist beidseitig mit Abfallbergen gesäumt. Er ist darauf ausgelegt, möglichst kostengünstig möglichst viele Produkte herzustellen. Diese werden nach einer oft kurzen Lebensdauer entsorgt. Das ist alles andere als nachhaltig, denn dieses Wirtschaftssystem verschlingt mehr Ressourcen, als die Erde für uns bereitstellen kann. Auf diesem Weg wollen und können wir nicht weitergehen. Um nachhaltig zu sein, braucht es eine Rückkehr zum alten, bewährten Weg: zum Weg des Kreislaufs. Die Natur folgt diesem Kreislauf, sie produziert keinen Abfall. Der Mensch hat sich über Jahrtausende in den Kreislauf der Natur eingefügt und Rohstoffe mit grosser Sorgfalt eingesetzt. Die Rohstoffe waren wiederabbaubar oder weiterverwertbar. Der Weg des Kreislaufs ist wichtig und logisch. Die Umstellung der linearen Nutzung von Ressourcen auf eine zirkuläre Nutzung ist ein entscheidender Teil der nachhaltigen Wirtschaft und damit auch des nachhaltigen Bauens.

Unsere Strategie
In der Strategie 2023  bis  2026 von Gebäude­hülle Schweiz haben wir definiert, wie wir Gebäudehüllen planen und bauen: energieeffizient, ästhetisch und nachhaltig. Die Kreislaufwirtschaft in der Baubranche ist ein wichtiger Bestandteil des nachhaltigen Bauens. In unserer Fachzeitschrift berichten wir neu regelmässig über Nachhaltigkeit rund ums Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden. Wir beginnen mit einem Interview mit Marcel Gauch. Er kennt den Materialverbrauch der Schweiz bestens. 

Baumaterial und wie wir (nachhaltiger) damit umgehen

»Marcel, du beschäftigst dich täglich mit verschiedenen Nachhaltigkeits­themen. Was sind die Grundsätze für ­einen nachhaltigen Umgang mit Baumaterialien?

Tja, diese Grundsätze sind manchmal gar nicht so einfach zu erklären. Der oberste Grundsatz lautet: Wir müssen unseren Nachkommen die gleichen Möglichkeiten erhalten, wie sie uns selbst zur Verfügung stehen. Im Baubereich könnte man es folgendermassen formulieren: Wir sollten möglichst wenige Materialien verwenden und diese sollten möglichst umweltfreundlich produziert werden. Die Materialien sollen technisch und optisch top sein, um ihren Zweck möglichst lange erfüllen zu können.

»Du hast für die Schweiz den ­enormen Materialverbrauch analysiert. Was kannst du dazu sagen?

Wir haben für das Bundesamt für Umwelt (Bafu) über mehrere Jahre den Ressourcenbedarf der gesamten schweizerischen Volkswirtschaft analysiert. Der Bedarf an Baumaterialien ist dabei dominant, etwa 70 Prozent des gesamten Ressourcenbedarfs der Schweiz werden durch das Bauen verursacht. Eine Reduktion dieser Massenflüsse führt automatisch zu Einsparungen auf verschiedenen Ebenen. Weniger Beton, Kies, Holz, Metall usw. bedeuten auch weniger Energiebedarf für die Produktion, weniger Transporte und damit weniger Ressourcenverbrauch und Umweltbelastung.

»Stimmt es, dass in der Schweiz pro ­Person und Jahr rund 10 Tonnen Material ­verbraucht werden?

Ja, das kommt etwa hin. Die Schweiz «konsumiert» jährlich gegen 100 Millionen Tonnen an Materialien, pro Kopf sind es somit gut 10 Tonnen. Etwa die Hälfte davon ist Beton.

»Bei Haushalten wissen wir: Ernährung, Mobilität und Energie haben einen ­grossen ökologischen Fussabdruck. Wie ist es mit den Baumaterialien? Und wo sollten wir als Erstes hinschauen?

Das ist eine gute Frage. Der Baubereich fällt zwar durch den riesigen Materialverbrauch auf, dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig auch hohe Auswirkungen auf die Umwelt. Entscheidend ist nicht nur, wie viel, sondern welche Materialien verbaut oder verbraucht werden. Beton und andere Baumaterialien sind zwar wichtig, die Umweltbelastung zum Beispiel in Form von Treibhaus­gasen ist aber weniger hoch, als man normalerweise annimmt. Hinschauen muss man in erster Linie bei fossilen Energieträgern und bei der Ernährung, aber da wird es sehr schnell sehr politisch …

»Unsere Gebäudehüllen-Spezialisten ­bieten mit ihrem Know-how wirksame und praktische Lösungen speziell bei Gebäude­erneuerungen mit dem Königsweg e+. Wie können die Gebäudehüllen-Experten das Bauen in Kreisläufen berücksichtigen und einfach umsetzen?

Der Königsweg e+ verdient aus meiner Sicht tatsächlich diesen Namen! Man macht sicher nichts falsch, wenn man den existierenden Gebäudepark mit dem Wissen unserer Mitglieder auf ein neues Level bringt. Ein neues Kleid mit top Wärmedämmung kann den Energiebedarf bedeutend reduzieren und das Gebäude im besten Fall dank Photovoltaik richtig auf «Zukunft» trimmen. Etwas Vernünftiges mit der vorhandenen Gebäudemasse zu machen, ist sehr anspruchsvoll. Wenn dabei noch Überlegungen angestellt werden zu der Art der Materialien inklusive ihres Einbaus und Rückbaus, werden viele Nachhaltigkeitskriterien erfüllt.

»Wie können unsere Unternehmungen allgemein von der Kreislaufwirtschaft ­profitieren?

Das übliche Abbruch-/Neubau-Szenario ist für Planer und Bauunternehmer verhältnismässig einfach. Sanierung hingegen erfordert Erfahrung, Know-how und Kreativität. Es scheint klar, dass die Erneuerung des Gebäudeparks erst richtig startet und das Bewusstsein über die Wichtigkeit des Erhalts von Materialien inklusive ihrer Kreislauffähigkeit stark zunimmt. Ich denke, damit können sich unsere Mitglieder über die nächsten Jahrzehnte gut im Markt behaupten.

«Die Mission unseres Verbandes bringt es auf den Punkt: Wir prägen den Gebäudepark Schweiz in Sachen Energieeffizienz, Ästhetik und Nachhaltigkeit. Wir haben dafür viel Rückenwind, ­dürfen aber nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Themen wir Strukturerhalt, Energieeffizienz, Materialwahl, Umweltauswirkungen und Kreislaufdenken müssen Teil unseres Alltags werden; die Heraus­forderungen bei der Rekrutierung neuer Arbeitskollegen sind hoch. Aber ich glaube an einen gemeinsamen langfristigen Erfolg.»

Marcel Gauch, Mitglied Zentralvorstand
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